Neue Wege für Fluss und Mensch an der Triesting
Von der Übersiedlung eines Flusses und „recycelten“ Brücken
Es war eine „Übersiedlung“ für die Geschichtsbücher. Dass die Triesting 2021 auf einer Strecke von knapp einem Kilometer in ein neues Flussbett übersiedelte, veränderte das Landschaftsbild in Fahrafeld nachhaltig. Weil zwischen den Häusern an der B 18 und dem Einzugsbereich der Triesting der straßenseitige Schutzdamm entstand, wanderte die Triesting in die Mitte des Tals. Dafür wurde ein neuer Flusslauf gegraben, der den Sicherheitsabstand zu den Wohnbereichen gewährleistet und sich dem historisch-ursprünglichen und natürlichen Lauf der Triesting annähert.
Die geschwungene Linienführung sowie die variabel gewählten Flussbreiten lassen die Triesting nun in unterschiedlichen Geschwindigkeiten durch das Fahrafelder Becken fließen. Ufer- und Sohlsicherungen wurden nicht ausgeführt. Damit hat die Triesting – anders als bei reguliert verbauten Flussabschnitten mit festgelegten Steinufern – die Möglichkeit, ihrer natürlichen Gewässerdynamik entsprechend, den Flusslauf selbst zu gestalten.
Die Übersiedlung der Triesting wurde in Zusammenarbeit mit dem Fischereiverband vorgenommen. Erst nach dem Abfischen des bisherigen Flusslaufs wurde das neue Flussbett geflutet: Fische, Krebse und andere Flussbewohner sowie Pflanzen übersiedelten.
Natur formt neue Flusslandschaft weiter
Das neue Zuhause bietet den Wasserbewohnern Abwechslung. Bei Hochwasser erodiert das Flussbett an den Außenseiten (Prallufer). Als Folge kann sich der Flusslauf um mehrere Meter verschieben. Diese Ufer brechen steil zum Fluss ab und bieten Lebensraum für spezialisierte Arten (z.B. Eisvogel). An den Innenseiten (Gleitufer) bilden sich flache Schotter-, Kies- und Sandbänke, die wieder Raum für Kiesbrüter oder Insekten bieten.
Die flach überströmten, kiesig-schottrigen Furten werden künftig Laichplatz für Forellen sein, während die bis 1 m tiefen Kolke Lebensraum für ausgewachsene Fische bieten. Flutrasen, Seggen, Weiden, Pappeln, Erlen haben entlang des Flussbettes Fuß gefasst und werden in den kommenden Jahren für die wichtige Beschattung des Gewässers sorgen. Der Wechsel aus steileren Uferneigungen mit Stecklingen und flacheren, bekiesten Ufern erzeugt eine abwechslungsreiche Flusslandschaft, die im Sommer Besucher zur Abkühlung am Wasser einlädt.
Aus alter Brücke werden neue Stege
Für die Erschließung dieser neuen Lieblingsplätze an der Triesting verfolgt das Generationenprojekt „Erlebbarer Hochwasserschutz“ die Philosophie, neue Wege zu gehen und dabei Erhaltenswertes zu schützen. Der beliebte Triestingtal-Radwanderweg wird nunmehr entlang der Bahnlinie zum Teil auf dem südseitigen Schutzdamm geführt. Die Fahrbahn ist asphaltiert, garantiert ganzjährige Befahrbarkeit und bietet einen Überblick über die Naturlandschaft.
Im Inneren des Rückhaltebeckens verbinden naturbelassene, geschotterte Spazier- und Radwege und zwei neu errichtete Stege aus Recyclingmaterial die Natur- und Erlebniszonen beiderseits der Triesting.
Die Träger der Holzstege haben eine spezielle Vergangenheit. Sie waren einst Teil einer Straßenbrücke, die bei der Übersiedlung der Triesting in ihr neues Flussbett entfernt wurde. Selbst für die verlegte Brücke über den Triestingzufluss Haselbach beim Grundablass mussten nur die Fundamente neu betoniert werden. Die bereits bestehende Haselbach-Holzbrücke wurde lediglich abgehoben und an ihrem neuen Standort aufgesetzt.